Tierfindlinge
Vom richtigen Umgang mit verwaisten Tierkindern
 
 
Immer wieder finden Spaziergänger aus dem Nest gefallene Jungvögel, angeblich verlassene Rehkitze und Hasen. Die meisten dieser Tierfindlinge sind allerdings gar nicht verwaist und benötigen keine Hilfe. Generell ist das Aufziehen von Wildtieren nicht einfach und bringt neben Verantwortung auch einige Probleme mit sich. Die Aufzucht durch den Menschen ist nie der natürlichen gleichzusetzen. Die Aufzucht von Tierfindlingen ist deshalb mehr eine Frage des Tierschutzes als des Artenschutzes.
 
 
Was tun mit Jungtieren?
 
•   Erst einmal beobachten.
=>  Fertig befiederte Jungvögel, die noch nicht ganz selbständig sind, werden auch außerhalb des Nestes von ihren Eltern versorgt.
=>  Feldhasen sind Platzhocker, die voll behaart zur Welt kommen. Die Häsin kommt nur zum Säugen zu den Jungen (meist abends nach Sonnenuntergang, manchmal auch ein zweites Mal am Morgen) und bleibt nur wenige Minuten bei den Kleinen.
=>  Auch Rehkitze werden von ihren Müttern allein gelassen und oft erst nach Stunden wieder abgeholt. Die Anwesenheit von Menschen ist dabei ein Störfaktor, der die Rückkehr des Muttertiers verzögern kann.
 
•   Nur nachweislich verlassene oder verletzte Tiere mitnehmen.
 
•   Im Zweifelsfall fachkundigen Rat einholen. Ansprechpartner sind zB Tierrettung, Tierauffangstationen, Vogelwarten, Waldaufseher, Wildparks, Zoos oder Naturkundemuseen.
 
•   Achten Sie bei direktem Kontakt mit Wildtieren stets auf Ihre eigene Sicherheit und vermeiden Sie Kratz- und Bissverletzungen, zB indem Sie Handschuhe tragen. Sollte es dennoch zu einer Verletzung durch ein Wildtier kommen, suchen sie einen Arzt auf.
 
•   Wer Jungtiere aufziehen und später auswildern will, braucht Platz und Zeit.
 
 
Grundsätzliches zur Aufzucht
 
•   Seltene Tierarten bzw solche, die spezielle Ansprüche an Ernährung und Unterbringung stellen, gehören nicht in Laienhände, sondern sollten unbedingt von erfahrenen Spezialisten aufgezogen werden.
 
•   Ziel der Aufzucht ist, das Jungtier möglichst optimal auf die Freiheit vorzubereiten und nicht länger als unbedingt notwendig in Gefangenschaft zu halten.
 
•   Sich umfassend über die Biologie und Lebensweise informieren.
 
•   Artgerechte Nahrung, die auch alle Vitamine und Mineralstoffe enthält, ist unabdingbare Vorraussetzung für das Aufziehen von Jungtieren. Unter Umständen bedeutet das auch, Futtertiere zu züchten.
=>  Abrupte Fütterungsumstellungen vermeiden.
=>  Gewichtszunahme regelmäßig kontrollieren.
=>  Bei Säugetieren ist nach der Fütterung eine Massage notwendig.
=>  Bei Durchfall oder anderen Verdauungsproblemen den Rat eines Tierarztes einholen.
 
•   Für eine artgerechte, ausbruchssichere Unterbringung sorgen, die möglichst natürlichen Verhältnissen entspricht und an den Entwicklungsstand des Findlings angepasst ist.
 
•   Solange das Gefieder bzw das Fell nicht voll entwickelt ist und die Jungtiere ihrer Körpertemperatur nicht selbständig aufrecht halten können, ist eine Wärmequelle nötig.
 
•   Fehlprägungen verhindern, indem übermäßiger Kontakt vermieden wird. Ideal ist das Aufziehen mehrerer Jungtiere einer Art.
 
•   Mit dem Fund übernimmt man eine große Verantwortung, die unter Umständen über Jahre hinweg zum Tragen kommt, wenn das Tier aufgrund von Fehlprägung oder dauerhaften Behinderungen infolge von Verletzungen nicht frei gelassen werden kann. Zoos, Vogelwarten oder Zoologische Institute sind kein Auffanglager für verwaiste Tiere.
 
 
Jungvögel
 
Im Frühling sind aus dem Nest gefallene Vögel die häufigsten Tierfindlinge:
 
•   Ist der Vogel bereits befiedert, handelt es sich um einen sogenannten Ästling, der kurz vor dem selbständig werden steht. Er wird auch außerhalb des Nests von seinen Eltern versorgt. Das Beste ist es, ihn einfach in Ruhe zu lassen. Sitzt er an einem gefährlichen Ort, zB am Straßenrand, so setzt man in vorsichtig an eine sichere Stelle in der näheren Umgebung, zB in ein Gebüsch.
Eine Ausnahme sind junge Mauersegler, die nur im Nest von ihren Eltern versorgt werden – sitzen sie am Boden, dann brauchen sie auf jeden Fall Hilfe (=> Merkblatt Was tun mit einem jungen Mauersegler?).
 
•   Findet man einen noch nackten Jungvogel, sollte er vorsichtig in das Nest zurück gesetzt werden. Im Gegensatz zu vielen Säugetieren versorgen Vögel ihre Jungen auch, wenn sie vom Menschen angefasst wurden.
 
•   Ist der verwaiste Jungvogel schon stark ausgekühlt, bewegt sich praktisch nicht mehr, gibt keinen Laut von sich und fühlt sich kalt an, kann er in vielen Fällen durch eine rasche Wärmezufuhr – vorerst durch die hohle Hand, später durch eine Tischlampe oder einen Taschenofen – gerettet werden. Unterstützend kann ihm schwarzer Kaffee oder Traubenzuckerlösung verabreicht werden. Die Flüssigkeit dabei nur auf und nie direkt in den Schnabel tropfen, da sie sonst in die Lunge gelangen könnte. Erwachen die Lebensgeister wieder, kann der kleine Vogel in sein angestammtes Nest zurück gebracht werden.
 
•   Eine Handaufzucht ist nur gerechtfertigt, wenn das Nest zerstört ist, der Jungvogel verletzt oder nachweislich verwaist ist. Ist nicht sicher, ob der Vogel von seinen Eltern versorgt wird, mindestens eine Stunde oder zwei aus sicherer Entfernung beobachten.
 
•   Besonders bei insektenfressenden Singvögeln ist die artgerechte Ernährung nicht einfach. Mehlwürmer sind ebenso wie lebende Fliegenmaden als Aufzuchtfutter ungeeignet. Jungvögel auch nie mit Hunde- und Katzenfutter oder Hackfleisch füttern. Für Insektenfresser bewährt haben sich kleine Grillen und Heimchen. Gut geeignete sind auch Blattläuse und Ameisenpuppen. Als Ergänzung können Drohnenbrut (Imker fragen), tief gefrorene Fliegenmaden und Fliegen gereicht werden.
 
 
Unterlagen / Links
 
J. Plass (2006): Tierfindlinge. Aufzucht – Pflege – Auswilderung. 2. Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 176 S.
Stiftung Naturschutz Berlin (2006): Wildtiere in Not. 2. überarbeitet Aufl., Download pdf (1.678 kb)
Wildvogelhilfe.org – Aufzucht von Jungvögeln: www.wildvogelhilfe.org/aufzucht/ aufzucht.html
K. Bollmann & N. Zbinden (1998): Jungvögel – Was tun? Merkblatt für die Vogelschutzpraxis, Schweizer Vogelschutz SVS – Birdlife Schweiz & Schweizerische Vogelwarte, Download pdf (156 kb)
N. Zbinden (2003): Verletzte und kranke Vögel - Was tun? Merkblatt für die Vogelschutzpraxis, SVS & Schweizerische Vogelwarte, Download pdf (137 kb) Wildvogelhilfe.org – Gesundheit der Wildvögel: www.wildvogelhilfe.org/gesund heit/gesundheit.html
Polaschek (1992): Elternlose Jungvögel. Fachgerechte Aufzucht - Erste Hilfe. Tipps und Tricks für die Auswilderung. Verlag Natur & Wissenschaft, Solingen, 72 S.
Aufzucht von Feldhasen: www.hasenaufzucht.de
A. Zahn & M. Kistler: Einführung in den Umgang mit Fledermäusen, Download pdf (189 kb)
 
 
letzte Änderung Dezember 2012, © UMG
 
   

 
 
Tierfindlinge
Vom richtigen Umgang mit verwaisten Tierkindern
 
Immer wieder finden Spaziergänger aus dem Nest gefallene Jungvögel, angeblich verlassene Rehkitze und Hasen. Die meisten dieser Tierfindlinge sind allerdings gar nicht verwaist und benötigen keine Hilfe. Generell ist das Aufziehen von Wildtieren nicht einfach und bringt neben Verantwortung auch einige Probleme mit sich. Die Aufzucht durch den Menschen ist nie der natürlichen gleichzusetzen. Die Aufzucht von Tierfindlingen ist deshalb mehr eine Frage des Tierschutzes als des Artenschutzes.
 
 
Was tun mit Jungtieren?
 
•   Erst einmal beobachten.
=>  Fertig befiederte Jungvögel, die noch nicht ganz selbständig sind, werden auch außerhalb des Nestes von ihren Eltern versorgt.
=>  Feldhasen sind Platzhocker, die voll behaart zur Welt kommen. Die Häsin kommt nur zum Säugen zu den Jungen (meist abends nach Sonnenuntergang, manchmal auch ein zweites Mal am Morgen) und bleibt nur wenige Minuten bei den Kleinen.
=>  Auch Rehkitze werden von ihren Müttern allein gelassen und oft erst nach Stunden wieder abgeholt. Die Anwesenheit von Menschen ist dabei ein Störfaktor, der die Rückkehr des Muttertiers verzögern kann.
 
•   Nur nachweislich verlassene oder verletzte Tiere mitnehmen.
 
•   Im Zweifelsfall fachkundigen Rat einholen. Ansprechpartner sind zB Tierrettung, Tierauffangstationen, Vogelwarten, Waldaufseher, Wildparks, Zoos oder Naturkundemuseen.
 
•   Achten Sie bei direktem Kontakt mit Wildtieren stets auf Ihre eigene Sicherheit und vermeiden Sie Kratz- und Bissverletzungen, zB indem Sie Handschuhe tragen. Sollte es dennoch zu einer Verletzung durch ein Wildtier kommen, suchen sie einen Arzt auf.
 
•   Wer Jungtiere aufziehen und später auswildern will, braucht Platz und Zeit.
 
 
Grundsätzliches zur Aufzucht
 
•   Seltene Tierarten bzw solche, die spezielle Ansprüche an Ernährung und Unterbringung stellen, gehören nicht in Laienhände, sondern sollten unbedingt von erfahrenen Spezialisten aufgezogen werden.
 
•   Ziel der Aufzucht ist, das Jungtier möglichst optimal auf die Freiheit vorzubereiten und nicht länger als unbedingt notwendig in Gefangenschaft zu halten.
 
•   Sich umfassend über die Biologie und Lebensweise informieren.
 
•   Artgerechte Nahrung, die auch alle Vitamine und Mineralstoffe enthält, ist unabdingbare Vorraussetzung für das Aufziehen von Jungtieren. Unter Umständen bedeutet das auch, Futtertiere zu züchten.
=>  Abrupte Fütterungsumstellungen vermeiden.
=>  Gewichtszunahme regelmäßig kontrollieren.
=>  Bei Säugetieren ist nach der Fütterung eine Massage notwendig.
=>  Bei Durchfall oder anderen Verdauungsproblemen den Rat eines Tierarztes einholen.
 
•   Für eine artgerechte, ausbruchssichere Unterbringung sorgen, die möglichst natürlichen Verhältnissen entspricht und an den Entwicklungsstand des Findlings angepasst ist.
 
•   Solange das Gefieder bzw das Fell nicht voll entwickelt ist und die Jungtiere ihrer Körpertemperatur nicht selbständig aufrecht halten können, ist eine Wärmequelle nötig.
 
•   Fehlprägungen verhindern, indem übermäßiger Kontakt vermieden wird. Ideal ist das Aufziehen mehrerer Jungtiere einer Art.
 
•   Mit dem Fund übernimmt man eine große Verantwortung, die unter Umständen über Jahre hinweg zum Tragen kommt, wenn das Tier aufgrund von Fehlprägung oder dauerhaften Behinderungen infolge von Verletzungen nicht frei gelassen werden kann. Zoos, Vogelwarten oder Zoologische Institute sind kein Auffanglager für verwaiste Tiere.
 
 
Jungvögel
 
Im Frühling sind aus dem Nest gefallene Vögel die häufigsten Tierfindlinge:
 
•   Ist der Vogel bereits befiedert, handelt es sich um einen sogenannten Ästling, der kurz vor dem selbständig werden steht. Er wird auch außerhalb des Nests von seinen Eltern versorgt. Das Beste ist es, ihn einfach in Ruhe zu lassen. Sitzt er an einem gefährlichen Ort, zB am Straßenrand, so setzt man in vorsichtig an eine sichere Stelle in der näheren Umgebung, zB in ein Gebüsch.
Eine Ausnahme sind junge Mauersegler, die nur im Nest von ihren Eltern versorgt werden – sitzen sie am Boden, dann brauchen sie auf jeden Fall Hilfe (=> Merkblatt Was tun mit einem jungen Mauersegler?).
 
•   Findet man einen noch nackten Jungvogel, sollte er vorsichtig in das Nest zurück gesetzt werden. Im Gegensatz zu vielen Säugetieren versorgen Vögel ihre Jungen auch, wenn sie vom Menschen angefasst wurden.
 
•   Ist der verwaiste Jungvogel schon stark ausgekühlt, bewegt sich praktisch nicht mehr, gibt keinen Laut von sich und fühlt sich kalt an, kann er in vielen Fällen durch eine rasche Wärmezufuhr – vorerst durch die hohle Hand, später durch eine Tischlampe oder einen Taschenofen – gerettet werden. Unterstützend kann ihm schwarzer Kaffee oder Traubenzuckerlösung verabreicht werden. Die Flüssigkeit dabei nur auf und nie direkt in den Schnabel tropfen, da sie sonst in die Lunge gelangen könnte. Erwachen die Lebensgeister wieder, kann der kleine Vogel in sein angestammtes Nest zurück gebracht werden.
 
•   Eine Handaufzucht ist nur gerechtfertigt, wenn das Nest zerstört ist, der Jungvogel verletzt oder nachweislich verwaist ist. Ist nicht sicher, ob der Vogel von seinen Eltern versorgt wird, mindestens eine Stunde oder zwei aus sicherer Entfernung beobachten.
 
•   Besonders bei insektenfressenden Singvögeln ist die artgerechte Ernährung nicht einfach. Mehlwürmer sind ebenso wie lebende Fliegenmaden als Aufzuchtfutter ungeeignet. Jungvögel auch nie mit Hunde- und Katzenfutter oder Hackfleisch füttern. Für Insektenfresser bewährt haben sich kleine Grillen und Heimchen. Gut geeignete sind auch Blattläuse und Ameisenpuppen. Als Ergänzung können Drohnenbrut (Imker fragen), tief gefrorene Fliegenmaden und Fliegen gereicht werden.
 
 
Unterlagen / Links
 
J. Plass (2006): Tierfindlinge. Aufzucht – Pflege – Auswilderung. 2. Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 176 S.
Stiftung Naturschutz Berlin (2006): Wildtiere in Not. 2. überarbeitet Aufl., Download pdf (1.678 kb)
Wildvogelhilfe.org – Aufzucht von Jungvögeln: www.wildvogelhilfe.org/aufzucht/aufzucht.html
K. Bollmann & N. Zbinden (1998): Jungvögel – Was tun? Merkblatt für die Vogelschutzpraxis, Schweizer Vogelschutz SVS – Birdlife Schweiz & Schweizerische Vogelwarte, Download pdf (156 kb)
N. Zbinden (2003): Verletzte und kranke Vögel - Was tun? Merkblatt für die Vogelschutzpraxis, SVS & Schweizerische Vogelwarte, Download pdf (137 kb) Wildvogelhilfe.org – Gesundheit der Wildvögel: www.wildvogelhilfe.org/gesundheit/ gesundheit.html
I. Polaschek (1992): Elternlose Jungvögel. Fachgerechte Aufzucht - Erste Hilfe. Tipps und Tricks für die Auswilderung. Verlag Natur & Wissenschaft, Solingen, 72 S.
Aufzucht von Feldhasen: www.hasenaufzucht.de
A. Zahn & M. Kistler: Einführung in den Umgang mit Fledermäusen, Download pdf (189 kb)  
 

 


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www.naturtipps.com/tierfindlinge.html
Stand Dezember 2012